Hotelfachschule vs. Realität – was versteht man heute unter ‚richtigem‘ Service?
Hier erfährst Du, wie wir mit kleinen Änderungen müheloser und gesünder Arbeiten können und dabei auch noch Zeit und Geld sparen.
Mit oder ohne Tablett servieren?
In jeder Gastronomie Schulung lernt man es – und viele Chefitäten achten besonders darauf – dass ihre Commis de rang immer mit Tablett servieren, also Gläser und Besteck nie lose in der Hand getragen werden.
Auch mit Recht, so sieht der Service um Welten professioneller und eleganter aus. Ganz zu schweigen, dass ich auf dem Rückweg auch wieder leere Gläser etc. von anderen Tischen darauf mitnehmen kann und dadurch Zeit und (Kilo)meter spare.
Gläser lose in der Hand tragen – eigentlich ein absolutes no go!
Warum sage ich ‚eigentlich‘? Denn in meinen Augen kommt es auch auf die jeweilige Situation an.
Je nachdem, was und wieviel auf dem Tablett getragen wird, brauche ich teilweise auch eine Abstellmöglichkeit dafür. Auch Größe und Form des Tabletts spielen dabei eine Rolle. Je sperriger, umso schwieriger ist es, damit elegant rüber zu kommen.
Leider hat nicht jeder Betrieb pro Tisch einen eigenen Gueridon um etwas darauf abzustellen. Wenn ich unmittelbar nach dem Einstellen der Gläser eine Flasche Wein öffne, wohin dann mit diesem Tablett? Wenn alle anderen Tische besetzt sind und auch die Servicestation keine Abstellmöglichkeit bietet?!?
Oder – heiß diskutiertes Thema – beim Eindecken der Tische: statt die Gläser mit einem Tablett zu verteilen, einfach mit System in die saubere!!! Hand nehmen.
Wenn wir Gläser zum Eindecken extra auf ein Tablett stellen birgt allein das Transportieren zu den Tischen erfahrungsgemäß ein höheres Glasbruch-Risiko. Bei Aushilfskräften noch viel mehr. Es kostet mich also Geld, braucht in der Regel auch mehr Zeit und Platz.
Das wären in meinen Augen Situationen, in denen man ohne Schuldgefühle auch mal das Tablett sein lassen kann. Vergesst jedoch bitte nicht – jedes Haus hat seine eigenen Regeln – was zählt ist die Gesamtsituation und die kann ich aus der Entfernung nur schwer beurteilen.
Rückenschonend abräumen
Teilweise achten Prüfungskommissionen immer noch mit Adleraugen darauf, ob beim Abservieren auch der sog. Dreier-Untergriff zum Abräumen angewandt wird.
Leider wurde hier noch nie auf orthopädische Gesichtspunkte geachtet. Sondern nur, wie man dann im Office bzw. an der Spüle die abgeräumten Gegenstände optimal und schnell voneinander trennen kann.
Meine ganz ehrliche Meinung: Dieser Griff ist der Ruin für unsere Bandscheiben! Er kostet extrem viel Kraft und braucht unnötig viel Platz beim Gast, den wir in den meisten Betrieben gar nicht haben.
Warum wollen wir uns unsere Arbeit nicht leichter machen?
Service in der Gastronomie erhält seinen Stellenwert ja auch besonders durch die Art und Weise, WIE wir unsere Arbeit ausführen: elegant und nicht als Packesel.
Ein gepflegtes Abräumen ist ein Zeichen von professionellem Service und mit dem klassischen Obergriff klappt das perfekt. Es sieht sauber aus und ist absolut zielführend. Damit haben wir eine andere physikalische Kraftwirkung und weniger Belastung auf den Bandscheiben. Auch hier kann in der Spülküche genauso gut getrennt werden und vor allem bleibt uns viel mehr Platz beim Abräumen zwischen den einzelnen Gästetischen.
Von welcher Seite wird serviert?
Eine klassische Regel in der Gastronomie sagt: Teller von rechts einstellen! Aber passt das wirklich immer?
Wenn ich ganz locker um jeden einzelnen meiner Tische herumgehen kann, ist diese Serviceregel perfekt einzuhalten. Bei freiem Zugang kann ich immer die rechte Seite des Gastes erreichen.
Leider klappt das nicht immer. Die Innenarchitekten nehmen auf uns relativ wenig Rücksicht: wir haben da Eckbänke, Raumteiler, üppige Blumendekorationen… – dann muss ich umdenken und nach selbstverständlich nach links ausweichen.
Oder – kommt ganz oft vor – mein Gast unterhält sich mit dem rechten Tischnachbarn so intensiv, dass ich mich aus Taktgefühl nicht dazwischen quetschen will, nur weil es eine Serviceregel dazu gibt.
Verlasse Dich in solchen Situationen auf Deinen Hausverstand (= gesunder Menschenverstand ;)).
Unsere klassischen Serviceregeln geben uns Halt und Sicherheit, damit wir einen professionellen Serviceablauf im Restaurant haben. Jedoch müssen wir uns deswegen nicht verbiegen.
Im Vordergrund steht immer unser Gast und wie wir es schaffen, ihn zu begeistern.
Clevere Teams überlegen sich dabei auch, wie man müheloser und gesünder Arbeiten kann und dennoch den Gast in den Mittelpunkt ihres Tuns stellt.
Hast Du auch Ideen, wie wir unsere Arbeit optimieren können? Dann schreib mir gerne.
Mein Wunsch ist es, dass unsere Arbeit lange (nicht nur für eine Saison) Freude bereitet und von unserer Gesellschaft und auch unseren Berufskollegen wertgeschätzt wird. Das klappt nur, wenn wir gemeinsam auf uns achten.
Newcomer stellen sich oft die Frage: „von welcher Seite wird serviert?“ – dazu findest Du hier noch weitere Details.
Wenn Du Unterstützung vom Praxisprofi brauchst, um neue Mitarbeiter zügig bei Dir im Team zu integrieren, dann schau gerne mal zu meinem Kurs.
Wenn du mehr zu mir erfahren möchtest, dann schau mal hier.